Freitag, 14. November 2014

Open European Quilt Championships 2014 in Veldhoven (NL)

von Grietje van der Veen

Ende Oktober 2014 fanden diese OEQC Wettbewerbe statt, die 18. in der Folge. Gegründet wurde das Festival in Waalre. Nach 10 Jahren zog man nach Veldhoven, ins Kongresshotel NH Koningshof, zwar schön gelegen, aber weit ausserhalb der Stadt. 2015 steht ein weiterer Ortswechsel an, und zwar nach Maastricht, der südlichsten Stadt in den Niederlanden, im Dreiländereck Deutschland, Niederlande und Belgien. Und Luxemburg ist ebenfalls nicht weit entfernt. Hier hoffen die Veranstalter, internationales Publikum besser erreichen zu können. Das Messe- und Kulturzentrum „MECC“ liegt dort direkt gegenüber dem Bahnhof, der Flughafen Maastricht Aachen befindet sich in der Nähe und – last but not least: Besucher, die mehr als einen Tag bleiben wollen, sind nicht mehr auf ein einziges Hotel angewiesen, sondern können abends im feudalen und schönen Maastricht rumflanieren. 

Ich hatte die Gelegenheit, am letzten Festival in Veldhoven mit einer „guest collection“ dabei zu sein. Weitere AusstellerInnen waren u.a. Dijanne Cervaal aus Australien, Jean Pierre Avonts-Saint Lager aus Frankreich, Ruth Shadar aus Israel. De Patchwork-Gilden von Belgien, Dänemark, Ungarn, der Schweiz und die Contemporary Group der Britischen Gilde waren ebenfalls eingeladen.

 Die Ausstellungsräume sind für mich ein bisschen gewöhnungsbedürftig, aber viele BesucherInnen finden sie ideal. Es sind riesige Hallen, in denen die Werke in Reihen an der Decke aufgehängt sind. Die Wettbewerbquilts hängen frei in der Mitte, die Rückseiten der Werke sind somit ebenfalls sichtbar. Mogeleien sind also nicht möglich. 
Die Quilts der Contemporary Group der britischen Gilde

Die Guest Collections der Einzelkünstler befinden sich – zumeist - an den Wänden. Was allerdings auch einen Nachteil hat. Die Beleuchtung im hinteren Teil der Halle liess eindeutig zu wünschen übrig.
 
Dijanne Cervaal mit "Norman Knights"
Dijanne in ihrer dunklen Ecke, auf dem Foto – Adobe sei Dank – trotzdem gut sichtbar.
Aber ich will nicht vorgreifen. Die Wettbewerbsquilts sind das Fleisch der Ausstellung und die guest collections „nur“ Beilage. Das Thema des Wettbewerbs 2014 ist „Alte Meister“. Jede kann mitmachen, ob Anfängerin oder weit Fortgeschrittene. Grob aufgeteilt gibt es drei Kategorien: Beginner, Intermediate und Advanced, dabei wird unterschieden in traditionelle und „Art“ Quilts. Und diese Gruppen werden nochmals unterteilt in jene, die sich am Themenwettbewerb beteiligt haben und jene, die ihr Werk ohne Wettbewerbsthema eingereicht haben. Ah ja, bei den Intermediate und Advanced kommt noch eine extra Untergruppe hinzu: Longarm. Ich habe die Preise in den jeweiligen Kategorien nicht mitgezählt. Es waren aber viele. Am sechsgängigen Galadiner wird nach jedem Gang (amuse bouche noch zusätzlich) jeweils in einer Kategorie den ersten bis dritten Preis vergeben. 

Mit dem Thema "Alte Meister" wird einerseits locker umgegangen. Ich zähle z.B. Hundertwasser nicht unbedingt zu den alten Meistern und Ton Schulten schon gar nicht. Andererseits halten viele sich allzu eng an die gewählte Vorlage. Dijanne Cervaal, eine der Jurorinnen bemerkte zurecht bei der Preisverleihung, dass die künstlerische Leistung sich in der freien Interpretation zeigt und nicht beim genauen Kopieren der gewählten Vorlage. Hier einige der Preisträgerinnen:

Esther de Visser: "The Birth of Venus"

Für diese gelungene Interpretation von Botticellis Bild gewann Esther den zweiten Preis in Advanced Art.
Petra Henrich: Sterrennacht
Die Kopie eines Bildes von Vincent van Gogh erhielt den ersten Preis in Advanced Art.  Ich verstehe nicht, warum dieses Werk einen Preis erhielt, obwohl die Jurorin das genaue Kopieren explizit beanstandet hat.
Hilde van Schaardenburg: De bedreigde zwaan (Der bedrohte Schwan) Trophy for Art.
Der bedrohte Schwan zeigt einen Ausschnitt eines Bildes von Jan Asselijn (1650). Er ist mit einer Longarmmaschine gequiltet. Die Craquelézeichen auf der alten Leinwand hat Hilde ebenfalls ins Design aufgenommen, was dem Bild einen besonderen Reiz verleiht. Aber auch hier: Vorlage und Werk sehen genau gleich aus.
Sylvia Kaptein: The Tempest – inspiriert von Shakespeares Stück und dem Gemälde von John William Waterhouse „Miranda – The Tempest“ (1916)
Grosse Bedenken habe ich bei diesem Werk. Die Arbeit wurde dreifach ausgezeichnet: mit dem dritten Preis Advanced Art, als Judge’s Choice und mit einem Preis von Mettler.

Die an sich reizvolle Idee, Schauspiel von Shakespeare und Bild von Waterhouse zusammenzubringen, ist in der Umsetzung meines Erachtens nicht gelungen. Der untere Teil ist kunstvoll gestaltet. Die Übergänge sehr gut gemacht. Der Bühnenrand dominiert jedoch das ganze Bild, weil zu wuchtig und zu hell. Ihm selber fehlt jegliche Aussage. Er lenkt nur von der Figur ab, obwohl diese gut platziert ist. Ich will der Künstlerin nichts nachsagen, aber das Werk von Waterhouse kann man als full Kit oder als bedruckte Vorlage auf Canvas übers Internet bei Chelsea Needlepoint käuflich erwerben. Die Vorlage ist dort in verschiedenen Grössen erhältlich. Der betreffende Teil des prämierten Quilts ist ebenfalls gestickt! 
Tuula Mäkinen: Old Clock Masters, „Best of Show“ 
Die Finnin Tuula Mäkinen thematisiert die Kunst des alten Uhrenhandwerks. Eien schöne Arbeit, originell, wie auch die Uhren selber und wunderbar in den Farben. Die Wahl als „Best of Show“ ist wirklich gerechtfertigt.
 
Elly van Steenbeek, Trophy for Design, Advanced Art
Grace Meijer: Chiaroscuro (= Licht und Dunkel).
Grace Meijer interpretiert  Caravaggios „Boy with a Basket of Fruit ». Ihr Werk ist leider ohne Preis geblieben. Dies ist nämlich einer der wenigen Quilts, die nicht vom Original abgekupfert sind. Allerdings muss man der Jury zugestehen, dass ihr nicht jedes Bild der alten Meister bekannt sein kann. Die Jury hatte wahrlich keine leichte Aufgabe.
Hanneke Kwakkenbos, „Delft Blue Stars“, zweiter Publikumspreis Traditionell

Nun zu den „guest collections“. Erfreulicherweise gab es einige Männer mit interessanten Werken darunter. So Jean Pierre Avonts-Saint Lager aus Frankreich. Er untersucht die verschiedenen Aspekte der Wahrnehmung unserer Welt. Ist sie stabil oder unwirklich? „“I endevavor to discover its many facets. As in a diamond, each facet reflects towards us a different radiance which becomes a source of tragic dreams or wonderful nightmares « (Ich bemühe mich, die vielen Facetten [der Welt] zu entdecken. Wie in einem Diamanten, reflektiert jede Facette etwas anderes und wird so zu einem Brunnen für tragische Träume und herrliche Albträume“.
Jean Pierre Avonts-Saint Lager. Das Gehirn erwacht morgens um 5 Uhr aus einem Albtraum 
Jean Pierre Avonts-Saint Lager, Ausschnitt 
Eine „guest collection“ stach in mehreren Hinsichten hervor: DAMSS aus Italien. Der Name ist ein Acronym von Daniela Arnoldi und Marco Sarzi-Sartori. Was die beiden schaffen ist eine Wucht. Im hinteren Teil der Halle nahm ihr Oeuvre die ganze Länge ein: 21 m lang und 2,5 m hoch. Es ist eine realistische Darstellung der italienischen „Cinque Terre“. Die Zwei verwenden ausschliesslich schon gebrauchte oder aussortierte Materialien, die sie auf ihre ganz spezielle Weise zu dreidimensionalen Gebilden verarbeiten. Die Bilder der einzelnen Dörfer werden an der oberen oder unteren Seite durch schmale Teile verbunden. Die kühne Verarbeitung der Stoffe hat mich sehr beeindruckt. Es geht eine  ansteckende, fast aufregende Kraft davon aus. Wenigstens erging es mir so.
DAMSS: Cinque Terre

 
Eine Detailaufnahme
Eine andere Wand war gefüllt mit vielen Selbstporträts der Beiden. Über mangelndes Selbstvertrauen brauchen die zwei sympathischen Künstler sich echt nicht zu beklagen. Eines der Bilder zeige ich Ihnen hier.
Selbstportät DAMSS

Zuletzt noch ein kurzer Blick zu meiner Ausstellung. Dies ist nur eine kleine Auswahl. Insgesamt waren es 20 Werke.
Ein Teil meiner Ausstellung
 
Mein "alter" Baum

 Dieser Baum hat mich etliche Jahre begleitet und hat immer viel Aufmerksamkeit erregt. Eigentlich stand er nicht zum Verkauf, aber eine Baumliebhaberin hat mich so bestürmt, dass ich nicht „nein“ sagen konnte. Jetzt steht er irgendwo in Luxemburg. Ich vermisse ihn.

Dies ist nur eine kleine Auswahl der gezeigten Objekte. Rund 130 Werke wurden im Rahmen der Wettbewerbe eingereicht. Die guest collections umfassten ca. 600 Werke. Über 5000 Besucher haben während vier Tagen die Werke bewundert.
 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


 

 





 


 

 
 

1 Kommentar:

  1. Herzlichen Dank für diese Reise in die Niederlande. Die Welt wird doch ein wenig kleiner, wenn man solche Berichte lesen kann. Sehr interessante Werke. Ich hoffe, es war auch ein schönes und erfolgreiches Wochenende und viele Menschen haben sich für die Vorführungen in Liestal interessiert. Freue auf den Bericht darüber ebenso. Herzliche Grüße Anette

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